Graffiti (1)
Der junge Mann, der an der Heiligegeistgasse auf mich zukam, war unauffällig, er war Amerikaner aus L. A. und wollte in die Revaler Straße. Ich klärte ihn über die Preislage auf, unter 30 Euro war dort nicht hinzufahren. Er war einverstanden und er erzählte, als wir losfuhren, dass er sich für heute vorgenommen hatte, Graffiti anzusehen.
„Graffiti sind meine große Leidenschaft!“, sagte ich und ich merkte, wie uns beide dieses Zusammentreffen sehr glücklich machte. Er war für heute der Bote der Götter oder die Glücksfee, er interessierte sich für Graffiti, mein Spezialgebiet.
Zuerst fuhr ich mit ihm an der Mühlendammschleuse vorbei zum Marinehaus. Wir tranken jeder einen Espresso und rauchten eine Zigarette, dann stieg er wieder ein und ich fuhr die Brückenstraße bis zur Köpenicker und zeigte ihm die Hände, zwei riesige Hände im Februar 2014 fotorealistisch aufs Haus gemalt, das Gemälde heißt „Unter der Hand“ und der Künstler ist Andreas von Chrzanowski, Künstlername CASE oder vielmehr ist es das Werk seiner Graffiti-Crew, die Ma’claim heißt. Von Chrzanowski wurde 1979 in Schmalkalden geboren, ist der Gründer dieser fotorealistischen Richtung der Urban Art, er ist Diplom-Restaurator und lebt in Frankfurt/Main. Er hat sein Atelier in der Naxos-Halle in Bornheim, wo er gestrandet ist, weil sein altes Studio abgebrannt war. Als einer der wenigen Graffiti-Künstler konnte er für Warsteiner Bier in einem Film Reklame machen. Seine Kunst ist für ihn das einzig Wahre.
Hier in Berlin konnte man kürzlich seine Werke auch noch in der Bülowstraße finden, am Haus des zukünftigen Graffiti-Museums, und an einer Brandwand an der Torstraße gibt es immer noch eins, dort wo die Friedrichstraße endet. Dieses Bild von 2009 ist bis heute auf der Wand zu sehen.
Hennig - 2. Okt, 16:36